Remote Sense korrekt nutzen: Spannungsabfall am Verbraucher kompensieren

Was ist Remote Sense?

Remote Sense ist eine Regeltechnik in modernen Industrie-Netzteilen, die Spannungsverluste auf den Versorgungsleitungen aktiv ausgleicht. Statt die Spannung direkt am Ausgang zu messen, erfasst das Netzteil über zwei zusätzliche Sense-Leitungen (Sense+ und Sense–) die tatsächliche Spannung am Verbraucher. Dadurch bleibt die Sollspannung am Lastpunkt konstant – unabhängig von Leitungslänge oder Stromfluss.

Die Sense-Leitungen übertragen kein Leistungs-, sondern ein Messsignal. So erkennt das Netzteil den Spannungsabfall entlang der Lastleitung und kompensiert ihn dynamisch. Das Ergebnis: eine stabile und präzise Versorgungsspannung für empfindliche Geräte.

     +--------------------------- Lastleitung + --------------------------+
     |                                                                |
 [Netzteil]---Sense+--------------------------------------> [Verbraucher]
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     +--------------------------- Lastleitung – --------------------------+
                                 ^                                   ^
                               Sense–                             Sense+

Schematische Darstellung: Die Sense-Leitungen messen die tatsächliche Spannung am Verbraucher und leiten das Signal zurück an das Netzteil, das den Spannungsabfall kompensiert.

Warum ist die Kompensation des Spannungsabfalls wichtig?

Leitungen haben immer einen elektrischen Widerstand. Je länger und dünner sie sind, desto größer der Spannungsabfall – besonders bei hohen Strömen. Schon geringe Verluste können bei sensibler Elektronik zu Fehlfunktionen führen.

Beispiel: Eine Leitung mit 0,1 Ω Widerstand und 5 A Strom verursacht einen Spannungsabfall von 0,5 V. Benötigt der Verbraucher 24 V, muss das Netzteil 24,5 V liefern, um den Verlust auszugleichen. Ohne Remote Sense wäre diese Korrektur manuell erforderlich.

Die Berechnung des Spannungsabfalls erfolgt über:

U_abfall = I × R

oder – unter Berücksichtigung der Leitungslänge und des Materials – über:

U_abfall = 2 × I × L × ρ / A

Dabei gilt:

  • L = Leitungslänge (in m)
  • ρ = spezifischer Widerstand des Leitermaterials (in Ω·mm²/m)
  • A = Leitungsquerschnitt (in mm²)

Diese Formeln helfen, die Spannungsverluste bereits in der Planungsphase exakt abzuschätzen und die passenden Leitungsquerschnitte zu wählen.

Wie funktioniert Remote Sense technisch?

Über die Sense-Leitungen vergleicht das Netzteil die gemessene Spannung am Verbraucher mit der internen Referenzspannung. Eine Regelschleife aus Differenzverstärker und Ausgangsstufe sorgt dafür, dass Abweichungen automatisch korrigiert werden.

Dieser geschlossene Regelkreis arbeitet in Echtzeit: Messung → Vergleich → Korrektur. So bleibt die Spannung auch bei schwankenden Lasten oder plötzlichen Stromänderungen stabil. Der Kompensationsbereich liegt typischerweise zwischen 0,3 V und 1 V pro Leitung. Wird dieser überschritten, kann die Regelung instabil werden – daher sind geeignete Querschnitte und Leitungslängen entscheidend.

Praxisleitfaden: Remote Sense korrekt einsetzen

1. Planung und Anschluss

Wählen Sie den Leitungsquerschnitt so, dass der Spannungsabfall minimal bleibt. Sense-Leitungen sollten verdrillt und möglichst geschirmt verlegt werden. Führen Sie Last- und Sense-Leitungen gemeinsam, um Störeinflüsse zu verringern.

Sense+ gehört an den positiven, Sense– an den negativen Lastanschluss. Beide Leitungen müssen gleichzeitig verbunden sein; eine korrekte Polarität ist Pflicht.

2. Inbetriebnahme und Kontrolle

Nach der Verkabelung empfiehlt sich eine Messung direkt am Verbraucher. Stimmen Soll- und Ist-Spannung überein, arbeitet der Regelkreis korrekt.

Checkliste Inbetriebnahme:

  1. Spannungsabfall berechnen.
  2. Sense-Leitungen prüfen und korrekt polen.
  3. Spannung am Verbraucher messen.
  4. OVP- und UVP-Grenzen einstellen.
  5. Regelverhalten bei Laständerung beobachten.

3. Fehler vermeiden

  • Offene Sense-Leitungen: führen zu Überkompensation.
  • Falscher Massebezug: verursacht Rückströme.
  • Zu lange Sense-Leitungen: erhöhen Störeinflüsse.
  • Verpolung: destabilisiert die Regelung.

Eine übersichtliche Verdrahtung mit klar markierten Anschlusspunkten minimiert Installationsfehler.

Erweiterte Anwendung in der Industrie

Remote Sense bewährt sich besonders bei langen Leitungen, hohen Strömen und verteilten Verbrauchern. In komplexen Systemen mit redundanten oder parallelen Netzteilen sollten separate Sense-Leitungen mit galvanischer Trennung oder Diodenentkopplung eingesetzt werden.

Typische Einsatzfelder sind Prüfstände, Schaltschränke und Automatisierungssysteme. Dort sichern Sense-Leitungen eine konstante Spannung auch bei wechselnder Last oder Umgebungstemperatur.

COTRONIC liefert abgestimmte Netz- und Sense-Leitungen, konfektionierte Verbindungssysteme und praxisgerechte Lösungen. Von der Auswahl der Querschnitte über EMV-gerechte Schirmung bis zur Integration in Stromversorgungssysteme – alles aus einer Hand.

Grenzen und Sicherheitshinweise

Bei stark schwankenden Lasten oder extrem langen Leitungen kann es zu Überschwingungen kommen. Der Kompensationsbereich sollte daher nicht voll ausgeschöpft werden. Sense-Leitungen sollten mechanisch gesichert und regelmäßig überprüft werden.

Eine saubere Kabelführung, richtige Dimensionierung und Trennung von Leistungs- und Messleitungen sind entscheidend für eine stabile Regelung und EMV-Verträglichkeit.

Präzise Spannung am Verbraucher sichern

Remote Sense sorgt für exakte Spannungswerte unabhängig von Leitungslänge und Lastschwankungen. Es verbessert die Regelgüte, reduziert Verluste und verlängert die Lebensdauer empfindlicher Komponenten.

COTRONIC unterstützt Sie mit hochwertigen Netzleitungen, passenden Sense-Leitungen und technischer Beratung. So bleibt Ihre Versorgung stabil, sicher und effizient – genau dort, wo die Energie gebraucht wird: am Verbraucher.