Fehlerstromschutz in industriellen Netzleitungen – GFCI & FI im Vergleich

Warum Fehlerstromschutz in der Industrie essenziell ist

Laut Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) ereignen sich in Deutschland jedes Jahr mehrere hundert meldepflichtige Stromunfälle in gewerblichen und industriellen Anlagen – viele davon mit schweren Verletzungen oder Todesfolge. Häufige Ursache: fehlender oder nicht funktionstüchtiger Fehlerstromschutz. Ein einziger Fehlerstrom von mehr als 30 mA kann ausreichen, um einen lebensgefährlichen Stromschlag auszulösen – insbesondere bei ungünstigen Kontaktverhältnissen und schlechter Erdung.

Vor diesem Hintergrund sind Fehlerstromschutzsysteme essenziell für jede industrielle Infrastruktur. In der industriellen Praxis ist dieser Schutz nicht nur aus sicherheitstechnischer Sicht unverzichtbar, sondern durch geltende Normen, insbesondere DIN VDE 0100-410, auch verpflichtend.

COTRONIC bietet als Anbieter hochwertiger Netzleitungen und Stromversorgungslösungen für industrielle Anwendungen die perfekte Grundlage, um Fehlerstromschutz effektiv zu integrieren. Ob in Maschinenverkabelung, Schaltschränken oder bei mobilen Einsätzen – die richtige Kombination aus Netzleitung, EMV-Maßnahmen und RCD-Auswahl ist entscheidend.

Funktionsweise von FI-Schaltern und GFCI – Unterschiede & Gemeinsamkeiten

Sowohl FI-Schalter (Residual Current Device, RCD) als auch GFCI (Ground Fault Circuit Interrupter) arbeiten auf Basis des Differenzstromprinzips. Sie vergleichen den Strom im Außenleiter mit dem im Neutralleiter. Bei einer Abweichung – also einem Stromfluss zur Erde – erfolgt die Abschaltung.

Infobox – Vereinfachtes Funktionsprinzip eines RCD:

Stromkreis:     Phase (L) → Gerät → Neutralleiter (N)
Normalbetrieb:  I(L) = I(N)
Fehlerfall:     I(L) ≠ I(N) → Differenzstrom erkannt → Abschaltung

Ein Differenzstrom > 30 mA wird meist als potenziell gefährlich eingestuft und führt zur Auslösung.

FI-Schalter (RCD):

  • Gängig in Europa, genormt nach DIN VDE 0664
  • Schutzklassen: Typ A, B, F, teilweise Typ B+ (erweitertes Frequenzverhalten)
  • Schutz vor Körper- und Brandschäden
  • Häufig mit Auslösewerten von 30 mA (Personenschutz), 100 mA oder 300 mA (Brandschutz)

GFCI:

  • In den USA und Kanada verbreitet, vorwiegend in Haushalten und Gewerbe
  • Oft direkt in Steckdosen oder Geräten integriert
  • Vergleichbares Schutzprinzip wie RCD, jedoch andere Normung (UL943)
  • Reaktion auf Fehlerströme ab 5 mA, daher besonders sensibel

Ein wesentlicher Unterschied liegt in der Integration: Während RCDs in Europa meist zentral in der Verteilung installiert werden, ist der GFCI in Nordamerika häufig dezentral (z. B. in Steckdosen) verbaut. In internationalen Projekten sind daher Anpassungen erforderlich.

FAQ – Häufig gestellte Fragen zum Fehlerstromschutz

Diese Fragen und Antworten richten sich speziell an Fachplaner, Projektverantwortliche und Einkäufer in der Industrie. Sie helfen dabei, Fehlerstromschutzsysteme normgerecht auszuwählen, effektiv zu integrieren und in laufenden Anlagen sicher zu betreiben.

Was ist der Unterschied zwischen FI-Schalter und GFCI?
FI-Schalter (RCD) werden vorwiegend in Europa eingesetzt und zentral in der Elektroverteilung installiert. GFCIs (Ground Fault Circuit Interrupters) sind in Nordamerika verbreitet und meist dezentral in Steckdosen integriert. Beide Systeme erkennen Fehlerströme und schalten bei Gefahr ab.

Wann sollte man Typ B statt Typ A verwenden?
Typ B ist notwendig, wenn glatte Gleichfehlerströme auftreten können – z. B. bei Frequenzumrichtern, PV-Anlagen oder Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge. Typ A erkennt solche Fehlerströme nicht zuverlässig.

Wie oft muss ein FI-Schalter getestet werden?
Laut Norm DIN VDE 0100-600 sollte die Testtaste mindestens alle 6 Monate betätigt werden, um die Funktion zu prüfen. In industriellen Anlagen kann auch eine monatliche Prüfung sinnvoll sein.

Was passiert bei einem zu empfindlich eingestellten FI?
Ein zu niedriger Auslösestrom oder die falsche Typwahl (z. B. Typ A statt Typ B) kann zu Fehlauslösungen führen, etwa bei Maschinen mit hohen Einschaltströmen oder EMV-Filtern. Das führt zu unnötigen Stillständen.

Kann man Fehlerstromschutz auch in bestehende Anlagen nachrüsten?
Ja – moderne RCDs lassen sich meist problemlos in bestehende Verteilungen integrieren, wenn genügend Platz vorhanden ist. Dabei sollte jedoch eine genaue Prüfung der Netzform und Verbraucherstruktur erfolgen.

Welche Rolle spielt der Fehlerstromschutz bei EMV-Maßnahmen?
EMV-Filter und Frequenzumrichter erzeugen Ableitströme, die RCDs auslösen können. Daher ist es wichtig, FI-Schalter mit hoher Stoßstromfestigkeit und dem richtigen Typ (z. B. B oder F) zu wählen.

Was bedeutet selektiver Fehlerstromschutz?
Selektive RCDs (Typ S) lösen mit Verzögerung aus. Sie werden vor nachgeschalteten FI-Schaltern eingesetzt, um bei einem Fehler nur den betroffenen Stromkreis abzuschalten – nicht die gesamte Anlage.

Welche Alternativen gibt es zu klassischen FI-Schaltern?
Neben konventionellen RCDs setzen sich zunehmend smarte Fehlerstromschutzgeräte durch, die über digitale Schnittstellen verfügen und Fernüberwachung sowie vorausschauende Wartung ermöglichen.

Sind FI-Schalter wartungsfrei?
Nein. Neben regelmäßiger Prüfung sollten sie auch messtechnisch auf Auslösestrom und Reaktionszeit geprüft werden – insbesondere in sicherheitsrelevanten oder feuchtebelasteten Bereichen.

Welche Schutzklassen gelten für den industriellen Bereich?
Je nach Einsatzort und Umgebungsbedingungen kommen unterschiedliche RCD-Typen zum Einsatz. In rauen Industrieumgebungen ist neben dem richtigen Typ auch auf Schutzart (z. B. IP54/IP65) und Temperaturbereich zu achten.